Zerstört Amazon den deutschen Buchmarkt ?

Ein Mann aus Dubai bestellte bei dem kleinen Simon Verlag für Bibliothekswissen das Buch: kisir und tanbura – Dahab Khalil ein nubischer Sänger im Gespräch mit Artur Simon aus Berlin ISBN 978-3-940862-34-1. Er will das Buch sehr gerne erwerben und fragt nach Möglichkeiten, wie das zu realisieren sei. Da Buchhandlungen in Dubai uns unbekannt sind, ist der Hinweis angebracht, es bei Amazon zu erwerben, wenn Amazon dort vertreten ist. Wie er uns schrieb, würde er das Buch auch mit Western Union im Voraus bezahlen - Der Verlag wird ihm dann das Buch schicken, wenn auch die Postgebühren die Einnahmen wahrscheinlich weit überschreiten werden. Der Erwerb des Buches für einen leidenschaftlichen Leser wäre also mit Amazon gut möglich - aber die Herausgabe eines solchen Buches ist wahrscheinlich in Zukunft nicht mehr gegeben, wenn in der entscheidenden Schlacht (DIE ZEIT 23. Juli 2013: 37 ) Amazon ähnlich wie in den USA in Europa ein Quasimonopol schafft. In diesem Monopol ist kein Platz für Fachverlage, größere oder kleinere und kleine Buchhandlungen in Deutschland.

Kleine Fachverlage sind Sprachrohre ihrer oft hochqualifizierten Autoren und dies abseits des Mainstreams. Die Auflagen sind klein, der Werbeaufwand schwierig und hoch. Die Preise sind eng kalkuliert und schließen die Arbeitszeit eines hochmotivierten Verlegers nicht ein. Der alleinige Verkauf solcher Bücher nur durch Amazon bei einem zu gewährenden Rabatt von 55 % würde den sicheren Tod des Geschäftes bedeuten. Fachverlage sind oft Nischen, aber sie geben den Humus für weitere kreative Arbeit. Sie erlauben Themen, die auch das Internet nur schwer vermittelt. Sie sind der Grundlage für Forschung und Entwicklung oder machen Themen sichtbar, die sonst nicht zugänglich sind. Allein Afrika wäre solch ein Thema. Es würde weder das Buch von Dahab Khalil erscheinen noch die unschätzbare Quelle zu den Aufständen der Hereros und der deutschen Afrika Politik Anfang dieses Jahrhunderts: Johannes Spiecker- Mein Tagebuch. Erfahrungen eines deutschen Missionars im Deutsch-Südwestafrika 1905-1907 , ISBN 978-3-940862-41-9. Allein die Erfassung und Bearbeitung der Quelle würde jedes Budget und jede wirtschaftliche Berechnung – auf Grund dessen Amazon seine Arbeit und auch seine zukünftige Verlegerarbeit kalkuliert - ad absurdum führen.

Nun kann dem entgegengehalten werden, dass in den USA, in denen Amazon schon seine Rolle als Monopolist spielt, noch immer seltene Titel und außergewöhnliche Bücher verlegt werden, die einem Fachverlag ein auskömmliches Einkommen sichern. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die USA eine andere Wissenschafts- und Buchkultur hat, bei der Bibliotheken, Wissenschaftliche Institutionen und Stiftungen eine von Europa völlig unterschiedliche Rolle spielen. Schon von der Größe des Landes und des Marktes sind die Vereinigten Staaten nicht Europa und trotz der föderalen Kultur mit Deutschland nicht zu vergleichen. Deshalb sollten auch in Europa nicht alle Entwicklungen nachgemacht werden, die dort schon die Zukunft bestimmen, gerade nicht in der Kultur und Wissenschaft.

Der Erfolg bei der Buchdistribution von Amazon ist auch ein Erfolg der Arbeitsersparnis bei den Buchhandlungen, die im Laufe der vergangenen Jahre aufgegeben hatten, Bücherwünsche ihrer Kunden zu erfüllen. Heute noch liefert Amazon ein Buch ungleich schneller als viele Buchhandlungen die seltene oder fremdsprachige Bücher immer noch selten besorgen können. Buchhandlungen, die immer ihren Kundenkreis bedient haben und jeden Service anboten, sind heute noch am Markt präsent, sei es M. Möller oder Schleicher in Berlin- Dahlem. Aber man mag sich die weiter verödenden Innenstädte nicht vorstellen, wenn alle Buchhandlungen verschwunden sind. Alle Anstrengungen der Tourismuswerbung für Städtebesuche liefen ins Leere wenn nur noch HTM und C&A zum Besuch der Shopping Malls einladen. Wechselnde Moden mögen Grund genug sein, die vielen Läden zu betreten, aber wie oft werden geschenkte Minuten nicht dazu genutzt, sich neue Bücher anzusehen. Der stationäre Buchhandel wie auch der kleine Fachbuchverlag sind Ausdruck der kulturellen Vielfalt, die auf vielen Feldern dem Leben Farbe schenkt und das demokratische Selbstverständnis der Gesellschaft untermauert. Ihr Verlust wäre ein großer Verlust von Lebensqualität und der kulturelle Wert mit keiner Großveranstaltung zu vergleichen.