Ein Ausdruck, der seit ca. 30 Jahren in der musikalischen Diskussion seinen Platz fand, nachdem in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein große Veranstaltungsreihe in Berlin in außereuropäische Musik und deren verschiedensten Formen einführte, verbunden mit experimenteller Musik zum Beispiel der Unterwassermusik und dem Einsatz fremder Instrumente, zum Beispiel tibetanischer Trompeten. Weltmusik begann die Ränge der Folklore zu verlassen und die der Konzertmusik zu erobern. Die Äußerungen von Hans Joachim Hespos in dem Interview mit Tobias Reiser (Höre Hespos, Simon Verlag für Bibliothekswissen, 2011, mit CD ISBN 978-3-940862-23-5) belegen die unstillbare Neugier dieses hochkreativen und modernen Komponisten auf Weltmusik und lebenslanges Experimentieren mit neuen Instrumenten und neuen Klängen. Er setzt damit eine lange Tradition fort, neben Albert Schweitzer war Bela Bartok ein eifriger Sammler der sogenannten Volksmusik und Ligeti hat Weltklänge, auch aus Afrika in seinen Kompositionen verarbeitet.

Center of World Music hat Hildesheim sein neues Zentrum für Weltmusik genannt mit einer unschätzbaren Sammlung von Musikinstrumenten von Rolf Irle ein Zentrum für Instrumente und – dies ist neuartig – für Instrumente, die für den täglichen Gebrauch gebastelt wurden, in jahrelanger Mission auf Märkten gesammelt, heute unschätzbare Unikate darstellen. Daneben vereint das Zentrum Lehre und Forschung in der Zusammenarbeit mit der Stiftungsuniversität Hildesheim und der Hochschule für Musik und Theater, Hannover mit der lebendigen Darstellung und Vorstellung von Musik und Musikformen aus aller Welt. Damit ist es ein lebendiges und internationales Zentrum für die Stadt Hildesheim. Welch eine wunderbare Entwicklung für eine vorzeigbare »gute Stube« für internationale und nationale Gäste in einer mittleren Großstadt Deutschlands.

Musikinstrumente – Seele und Vermächtnis hatte das Nationalkomitee des ICTM (International Council for Traditional Music) seine diesjährige Tagung im Center of World Music vom 11. bis 12.2.2011 genannt. Die freien Forschungsberichte aus der ganzen Welt zeigen das Dilemma der Weltmusik und auch der Musikethnologie. Eine kleine Handvoll Wissenschaftler, sehr oft nur auf Projektbasis bezahlt, steht einer Weltmusik gegenüber, die zu verschwinden droht, wenn Radio und Fernsehen das traditionellen eigene Musizieren verdrängen. Diese Schätze, die zunehmend auch Aufnahme auf europäischen Bühnen finden und die europäischen neue Musik beeinflussen, können in den nächsten Jahren verschwinden, wie viele Musikstile und –formen, die schon verschwunden sind.

Faszinierend der Vortrag über das burmesiche Hsaing Waing aus dem heutigen Miramar, der zeigte, dass grausige Regime eine Musik töten und zerstören können, aber nicht deren Wurzeln. Die alten kulturellen Traditionen brechen wieder auf, manchmal suchen sie sich andere Formen, manchmal beharren sie in den traditionellen Formen, das war in China so und wie es sich hier zeigte, auch in Miramar, dem alten Burma.

Die Abteilung Musikethnologie, Medien Technik und Berliner Phonogramm Archiv ausgezeichnet mit dem Weltkulturerbe der UNESCO hat sich zur Aufgabe gesetzt, seine reichen Schätze zu digitalisieren und somit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wie durch das Projekt MIMO (musical instruments museums online) z.B. inYouTube.

Digitalisierung von Objekten und Musik bedeutet noch nicht freier Zugang. Freier Zugang wiederum sagt noch nichts über Nutzen und Verbreitung der Digitalisate aus. Doch Musik wird in einer zunehmend rationalisieren Welt oft zum letzten sinnlichen Erlebnis und daher oft zum Mittelpunkt im Leben jedes Einzelnen. Weltmusik kann Musiker und Zuhörer mehr fesseln und die Seele für andere Musiken öffnen als es jede Diskussion um Globalisierung und die Vernetzung der Welt vermag.

Elisabeth Simon
Februar 2011