Die EU bezweifelt das zumindest und hat die polnische Regierung aufgefordert, die umstrittene Pensionierung polnischer Richter rückgängig zu machen. Ein Richter hat deutlich gemacht, dass er nicht nach juristischen Grundsätzen handeln will, sondern nach dem Willen des Volkes erzählte und ein Teilnehmer des Bürgerdialogs zur Zukunft Europas mit der polnischen Community in Berlin, ein  World –Café und nachfolgender  öffentlicher Diskussion an diesem verregneten Sonntag, zu der die Bundesszentrale für politische Bildung am 23.9. eingeladen hatte.  Es wusste wohl keiner, wie nahe man am Zeitgeschehen war und daher waren wohl die Themen nicht so überraschend, zu denen jetzt Projektideen entwickelt werden sollten: Zuwanderung nach Europa, wirtschaftliche Sicherheit, soziale Ungleichheit und Rechtssicherheit. In drei kleinen Runden unter dem Vorsitz gut informierter  Experten wurden diese Fragen behandelt  und mögliche Projektideen, die zu Lösungen führen könnten, diskutiert. 

Gleiche Löhne in Europa  und gleiche Produktqualität forderte der Tisch, der  die Einkommensungleichheit in den verschiedenen Ländern diskutierte und mittlerweile auch Deutschland erreicht hat, da nur 10 % aller Einwohner 66 % des gesamten Vermögens besitzen. Deutsches Waschpulver ist immer noch eine gute Werbung, wie eine polnische Teilnehmerin erzählte. Von einer  Forderung nach Bildung, die in  fast allen Forderungen und Projektevorschlägen auf der Tagesordnung stand, sind die Länder davon weit entfernt, wie auch bei den Wünschen nach einem Grundgehalt /Grundrente und Mindestlohn ersichtlich wurde.

Das Thema Zuwanderung , Polen nach Deutschland ist von dem Verhältnis zwischen erster und neuer Generation belastet, wobei Emigration nach Deutschland ein langes Erbe hat, was letztendlich auch das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen überschattete. Die Sichtweise des schon 1894 erschienenen Romans von N. von Eschstruth Polnisch Blut zeigt das in seinem Vorwort von 2015 deutlich, die Ressentiments bestehen noch immer. Wie aber hier ersichtlich wurde, ist die Frage nach der Identität, die auch in dem angeführten Roman  eine Rolle spielt, für viele Polen immer noch ungeklärt, was in einem Europa mit sich auflösenden nationalen Strukturen problematisch ist. Vielleicht wird die jetzt einsetzende Einwanderung Deutscher nach Polen die Brisanz dieses Themas auflösen.

Wie die Nachricht der EU Anklage über mangelnde Rechtstaatlichkeit in Polen ist Rechtstaatlichkeit ein Kernthema aller europäischen Beziehungen. Politische Bildung als Grundforderung für eine geübte Rechtstaatlichkeit kann in Polen nicht umgesetzt werden, weil der Staat selber diese nicht umsetzt. Es bedarf daher der direkten Unterstützung der Zivilgesellschaft oder anderer von der staatlichen Seite abgesetzten Kanäle. Diese Überlegungen  waren  auch die Basis der Öffentlichen Diskussion an diesem Sonntag. Aber er traf auch auf andere Gebiete zu und lief auf ein Defizit der Kommunikation der Europäischen Kommission und Aktivitäten mit ihren Bürgern  zu. Diese Kommunikation läuft zunehmend über den Staat und die offizielle Regierung, so dass die Unzufriedenheit der Bürger und beklagte Bürgerferne ihrer Politiker zunehmend auch die Europäische Union trifft und es ist zu befürchten  noch mehr treffen wird. Ein wirklich schlagendes Beispiel dafür  bot der Oberbürgermeister der Stadt Berlin  in der Sendung der ARD  hart aber fair, als er behauptete, die Menschen hier in Berlin hätten nichts gegen Asylanten o.ä, er hätte nur einmal durch die Straße nicht in einem Problemkiez sondern in  Wilmersdorf gehen müssen und mit den Menschen reden, er  wäre zu einem anderen Eindruck gekommen.

Alle Teilnehmer dieses Bürgerdialogs waren sich einig, dass hier neue Wege für den Aufbau und die direkte  Unterstützung der Zivilgesellschaft gefunden werden müssen, jenseits der Regierung. Ob dies  über die Kommunen geschehen kann, wäre zu klären. Auch die Möglichkeit persönlicher Antragstellung sollte erwogen werden, denn nur wenn der direkte  Dialog der Bürger mit der EU, in welcher Form auch immer, auf keine Schranken stößt, wird sich der Bürger für die EU und die kommende Wahl interessieren.  Alle Teilnehmer waren sich darin einig, dass  dafür auch eine einfache Antragstellung eine Grundvoraussetzung ist.  Diese Diskussion wie auch die Erfahrung zeigt, dass nur in einer konkreten Zusammenarbeit Hoffnung für einen Fortbestand der EU liegt.