Wofür wird zeitgenössische Musik gebraucht? wird die Geigerin Patricia Kopatchinskakaja in einem Interview in Concerti Juli August 2014 gefragt und sie antwortet mit der Gegenfrage, wofür hat man Vivaldi und Mozart gebraucht?

Ich jedenfalls brauche die Neue Musik wie ich täglich neue Lust zum Atembrauche. Nein, sie ist nicht beliebt die Neue Musik, Leere Säle und eingeschlossene Zirkel beweisen es, es ist ihr noch nicht gelungen, die Herzen der Menschen und besonders ihre Ohren zu erobern. Schlager, Pop und ähnliche Musikprodukte füllen zwar den musikalischen Alltag vieler Menschen aus, aber die Neue Musik verliert dabei weiter an Stellenwert. Aber sie ist damit nicht alleine. Eine immer größer werdende Schar ausübender Künstler und deren mitunter beachtliche Leistungen wurden in den Konzerten Nachgefragt oder Zeitgenössische Musik hautnaht einem Publikum vorgestellt, das sich bewußt der Qualität dieser Konzerte nicht verschloss, und sich anrühren ließ. Mangelnde Qualität, die Musik oft mehr nach Modernität und Zugehörigkeit zu bestimmten Zirkeln beurteilt steht diesem Verständnis der Neuen Musik oft feindlich gegenüber. Dazu spielt die Förderpolitik oft eine unheilvolle Rolle, die die Förderungen oft nach der politischen Rolle der Musik beurteilt und unterstützt. Dabei gibt es nichts, was besser Grenzen sprengt und überwindet und das Leben bereichert. In allen Kulturen gehört Musik dazu und das seit Zehnausenden von Jahren, wie es das schöne Grab Bild der Musikantinnen aus Ägypten beweist. Die Frage ist nur, welche Musik relevant bleibt. Es ist meine Lebensaufgabe, das herauszufinden - zusammen mit dem Publikum, antwortet die Geigerin auf die Frage ob die Neue Musik eine gesellschaftliche oder politische Relevanz hat. Das ist eine typische Frage der Gegenwart. Aber wer bestimmt diese Relevanz, die Politiker die damit sehr oft quer zur Allgemeinheit stehen, wie die vielen Umfragen zeigen, die auch nur einen Teil der Wirklichkeit abbilden.

Politisch scheint Musik und besonders Neue Musik keine Relevant zu besitzen, wenn der Musikunterreicht nur noch die Rolle einer exotischen Nebenleistung zugesprochen wird und das bei einer Generation, in deren Leben Musik eine zunehmend große Rolle spielt. Singen in den Katalog der Krankenkassen Förderungen aufzunehmen, forderte die Bischöfin Käsmann, nach einem Schlüsselerlebnis. Ihre Tochter hatte sie bei einem Gottesdienst ermahnt, nicht so laut zu singen, das wäre voll peinlich: Aber Singen macht fröhlich und Chöre haben ein gutes Gemeinschaftsleben hört man immer wieder, wenn von neuen Chören berichtet wird. So glückliche Momente es gibt, wenn die Aufführung eines Werkes gelungen ist und zwar mit Musikern, mit denen ich mich wirklich verstehe, schließt die Künstlerin ihr Interview, aber es hat auch Schattenseiten, Stress, Einsamkeit, von denen Hespos zu Herz zerreißend zu berichten weiß (Höre Hespos ISBN 978-3-940862-23-5) aber auch der Sänger Dahab Khalil.(kisir und Tanbura ISBN 978-3-940862-34-1) Getrenntsein von der Familie, der Lebensgrund für die jungen Komponisten aus aller Welt, die in Double Bass versammelt sind. Man lese auch nur den Band Neue Musik Analysen von Birger Petersen, der Komponisten der Neuen Musik vorstellt, die deren Strukturen mit geschaffen haben und in der jetzigen Zeit sehr oft vergessen sind. (ISBN 978-3-940862-57-0) Einen besonders gemütlichen und erfreulichen Lebenslauf hatten und haben die meisten von ihnen nicht und dennoch- sie haben von der Musik nicht gelassen. Wo gibt es das heute noch – bei der die Berufsauswahl sich nach dem zu erwartenden Verdienst richtet und mehr und mehr jeder Handschlag seinen Lohn in sich tragen soll.

Die Bewältigung des eigenen Lebens, der Alltag mit seinen Mühen und eine friedlose Welt um uns herum machen Musik, ihre Freude und Spontanität, zu einem glücklichen Teil unseres Lebens, sie ist die Brücke von uns zum Mitmenschen, in der Großstadt wie auch in der Einsamkeit.