Der Berliner Simon Verlag für Bibliothekswissen veranstaltete am 01. Juni 2013 eine Lesung zum Buch von Johannes Spiecker: „Mein Tagebuch: Erfahrungen eins deutschen Missionars in Deutsch Südwestafrika1905-1907“ (ISBN 978-3-940862-41-9).

Die Lesung fand im Rahmen der Aktion 24 Stunden Buch, des Börsenvereins des deutschen Buchhandels statt: vom 31. Mai 12 Uhr bis zum 1. Juni wurde in Berlin gelesen, und die Lesung im Afrika-Haus schloss die Veranstaltung mit einem Blick in das ferne geheimnisvolle und immer noch unbekannte Land Afrika.

Spiekers Aufzeichnungen berichten von den Erfahrungen eines deutschen Missio¬nars in Deutsch- Südwestafrika von 1905-1907. Das auf seiner zweiten Inspektionsreise in Afrika verfasste Tagebuch gibt vielseitige Einblicke in die vielschichtigen administrativen und politischen Probleme zur Zeit des Nama -und Herero- Aufstandes.

Die von Martin Siefkes ausgewählten Passagen aus Spiekers Tagebuch schilderten eindrucksvoll das Leben eines Missionars, der sich täglich, teilweise unter schwierigsten Lebensbedingungen, den Problemen der Mission und der ihm anvertrauten afrikanischen Bevölkerung stellen muss. Politisch wie auch historisch, sowohl für Leser aus Afrika wie Europa, zeigt sich hier die Situation auf beiden Kontinenten. Obwohl, fest eingebunden in die politischen Strukturen seiner Zeit, vermochte Spiecker zu erkennen, welche schwerwiegenden Folgen das rigorose Verhalten der deutschen „Kolonialherren“ gegenüber der afrikanischen Bevölkerung für die politische Entwicklung der Welt haben könnte. Ein authentisches Tagebuch der Inspektionsreise eines Missionars, in dem stetigen Fluss der Verantwortung und täglichen Entscheidungen zwischen seinen Glaubensbrüdern, den Farbigen und der unsteten politischen Lage in diesen ehemaligen deutschen Kolonien. Der Autor lässt sich immer von seinem Glauben und seiner Liebe zu den Menschen leiten. Anschauen und Zuhören sind für ihn eine Form der Liebe, die sein Leben und seine Entscheidungen bestimmen. Man steht fassungslos vor diesem nie endenden Arbeitspensum unter kargen Umständen, das hier klaglos und mit großem Humor bewältigt wird, ohne je die positive Einstellung und die Hoffnung auf Besserung zu verlieren.

Die im Anschluss rege Diskussion forcierte insbesondere den Blick auf Afrika, als einen Kontinent, für dessen Menschen und deren Identitätsbewusstsein noch heute die Zeit der Kolonialisierung maßgeblich nachwirkt.

Der Geschichte Spiekers, als einem zutiefst authentischem Zeugnis damaligen Welt-und Werteverständnisses, liegt auch eine enge familiäre Bindung zugrunde (J. Spieker war der Ur-Großvater von Martin Siefkes), und weckte das Interesse der Gäste auch an einer persönlichen thematische Stellungnahme Siefkes, die mit großer Anteilnahme diskutiert wurde.

Das große Interesse, mit dem die Teilnehmer der Lesung , dieser außergewöhnlichen Lebensgeschichte und in diesem Zusammenhang der dunklen Epoche der Kolonialisierung begegneten, zeigt eine wachsende Aufmerksamkeit und Sensibilisierung für diese stark kontroverse Thematik.

Auch zukünftig und mit thematisch verwandten Büchern , wie „ Kisir und Tanbura“ von Artur Simon (ISBN 987-3-940862-34-1), widmet sich der Simon Verlag eingehend und fernab von den üblichen Reisebeschreibungen, der differenzierten Auseinandersetzung mit einem Afrika von früher, das heute noch die Situation dort vor Ort bestimmt.