Mit diesem Motto einer Sonderbriefmarke feiert die Deutsche Nationalbibliothek den 100. Geburtstag und ihre Ziele für die kommende Zeit sind: Eigenverantwortung ist besser als Funkstelle und starre Bürozeiten und Wissen ist besser als Angst vor dem vermeintlich Unbekannten. Wir möchten die digitale Spaltung zwischen Digitalen Outsidern und Digital natives schließen und nicht vergrößern (aus Pushdienstnews, Password online) Wie richtig! aber geht man davon aus, dass alle Digital Natives auch die elektronische Welt beherrschen? Die jüngste Initiative der so hoch angesehenen Stiftung Lesen lehrt uns, dass dies nicht der Fall ist. Sie hat sich zur Verbreitung der Lesekompetenz, auch der sogenannten bildungsfernen Schichten, mit dem Konzern MacDonalds zusammen geschlossen, sehr zum Ärger vieler Eltern. Ohne Lesen, kein Netzgebrauch, im Gegenteil es gehört Wissen und Informationen dazu, das Netz richtig zu gebrauchen. Auch googeln ist nicht innovativer Umgang mit Informationen, auch wenn es immer noch Bibliothekare geben soll, die nur googeln und oft darin schlechter als ihre Leser (siehe auch dazu Rainer Strzolka: Das Internet als Weltbibliothek, ISBN 978-3-940862-17-4) Diese Generation stirbt aus. Aber sind die Digital nativeskeine Digital Outsider mehr?

Die Deutsche Nationalbibliothek, vor 100 Jahren,war eine Gründung der Verleger. Gleichzeitig mit der Nationalbibliographie wünschten diese einen Nachweis aller verlegten Bücher – auch durch die Gründung eines Archivs, einer Nationalbibliothek. Das war weitsichtig und verantwortungsbewusst, weil damit das kulturelle schriftliche Erbe gesichert wurde und das, wenn auch im Laufe der Jahre umständlich, jedermann Zugang zu diesem Erbe hatte. Was für ein Unterschied zu anderen Nationalbibliotheken, deren Entstehung auf einem blühenden Nationalbewusstsein beruhte.

Die große und reiche NB Frankreichs entstand aus dem Wunsch des absoluten Königs, Übersicht über die literarischen Aktivitäten seiner Untertanen zu erhalten und die amerikanische Library ofCongress wollte mit dem ersten Buchbestand von Jefferson seine politischen Vertreter aufklären und informieren. Man kann sich fragen, ob dieser Impetus nicht nachhaltig die Bibliothekspolitik beeinflusst hat vom Urheberrecht (fair use und fair dealing) bis zur Entwicklung der einzigartigen Public Library.

Das Urheberrecht in Deutschland bildet die Grundlage einer dauernden Diskussion zwischen Verlegern und Nutzern, und die öffentlichen Bibliotheken werden einem gnadenlosen Kürzungsprogramm unterworfen (gerade in Berlin, wo dem Bezirken die Etats um 30 Millionen gekürzt werden).

Dabei müssen Bibliotheken die Brückenbauer sein. Eine Weiterentwicklung der Schulbücher zu digitalen Lernwelt ist eine notwendige Forderung, aber sie ist nicht neu und ohne Investitionen in Infrastruktur und Fortbildung der Lehrer nicht möglich. Auch ist dies eine langandauernde Forderung, schon aufgrund des untergegangenen DIBs(Schulen ans Netz). Die als exzellent besprochene Publikation von Eva Hohmeyer: Informationskompetenz an Grundschulen ISBN 940962-03-7 weist auf alle Defizite der Fortbildung auf Länderebene hin, ohne dass Schulen und Schulverwaltungen diese Schrift in großem Masse zur Kenntnis genommen haben.

Es geht nicht nur, wenn auch in erster Linie, um Schulbücher im gedrucktem oder digitalen Format. Es geht um Vermittlung von Informationskompetenz auf allen Ebenen, theoretisch und praktisch. Umgang mit Informationen ist nicht nur Lesen, wenn auch eine notwendige Basis. Es geht um Erwerb, Bewertung und Einsatz von Informationen, wie sie der Doyen der bibliothekarischen Ausbildung in dem Buch Die Jagd nach dem Buchstädter Bibliotheksmarder(ISBN 978-3-940862-16-7)vermittelt.

Die digitale Welt ist eine neue und muss neu gebaut werden. Dieser Aufbau wird mit der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts verglichen. Am Ende dieser alten Welt nach zwei schrecklichen Kriegen schälte sich die moderne Welt heraus. Die neue radikale Änderung durch die digitale Welt kann nicht zum Bruch und neuen politischen, sozialen und kulturellen Kriegen führen, die noch schrecklicher sindals alles, was wir uns vorstellen können. Es bedarf der Anstrengung aller, um ein gutes Leben in dieser Weltaller auch in der vernetzten, digitalen möglich zu machen.

Elisabeth Simon